Warenkorb leer

Historische Geschichte über den Ort Olewig und den Olewiger Bach

(von W. Schäfer, Trierische Chronik 8. Jahrgang, Oktober/November 1911)

 

Das Dorf Olewig, ein beliebter Ausflugsort der Trierer, liegt in einem schmalen, engen Tale. Die Abhänge der dieses Tal begrenzenden Neige sind mit Wein bepflanzt, dessen Güte wohlbekannt ist. Das Dorf hat seinen Namen von dem den Ort in seiner ganzen Länge durchfließenden Bach. In Urkunden wird der Bach Olivia, Oliva, Oleva, und in den Gesta Trevirorum Oluva genannt.

Dieser Name, aus dem Lateinischen entlehnt, soll Ölweg bedeuten. Es wird in der Legende erzählt, daß man den ersten Christen in Trier in diesem Bache die heilige Taufe gespendet habe. Der Andrang der Trierer zum Empfange der heiligen Taufe sei so stark gewesen, ,,daß der Bach von dem bei dieser heiligen Handlung gebrauchten geweihten Öle (Krisam) oftmals ganz überzogen gewesen sei und so das Ansehen eines fließenden Ölbaches gehabt hätte.

Nachdem der Bach Olevia außerhalb des Dorfes den sogenannten Kandelbach aufgenommen hat, teilt er sich in zwei Arme. Der eine Arm, der Altbach genannt, nimmt seinen Lauf am „Herrenbrünnchen" und am Heiligkreuzerberg vorbei, fließt dann quer unter der Saarstraße durch einen überwölbten Kanal (anstelle der ehemals hier gestandenen Löwenbrücke) durch und mündet oberhalb St. Barbara in die Mosel. Der andere Arm des Baches, der künstlich hergestellt ist, führt nach der Stadt. Er wird bereits im Jahre 973 urkundlich erwähnt. Den Lauf von da, wo der Bach den Altbach verlässt bis in die Nähe der Stadt, nannte man noch im 18. Jahrhundert Kandelbach, und seinen weiteren Weg durch die Stadt seit dem 15. Jahrhundert Weberbach. Er mündet im Süden der Stadt in dieselbe, durchzieht sie in ihrer ganzen Länge und verlässt sie wieder an ihrem nördlichen Ende. Hier setzt er seinen Lauf nach Norden fort und ergießt sich unterhalb St. Marien in die Mosel. Außer den Mühlen, die der Bach im Orte Olewig treibt, trieb er noch die Spitzmühle, die Agnetenermühle auf der Weberbachstraße, die Liebfrauenmühle, die St. Simeonsmühle in der Simeonstiftstraße, die Theobaldmühle („Diewelsmühlchen") in der Nordallee und bald an seiner Mündung in die Mosel die St. Mariener- oder Mergenermühle.

Die Bewohner der Olewig hatten seit Jahrhunderten in der Stadt Trier das Bürgerrecht. Der Magistrat in Trier erklärte 1570 dem Kaiserlichen Commissarius Dr. Erndlin, „daß die Gemeiner in der Olevien, noch heutigen Tag (1570) zu der Stadt Trier gehörig seien, gleichermaßen als ob sie binnen der Ringmauern gelegen…"  

In Kriegsfällen mußten die wehrhaften Männer der Gemeinde der Stadt Trier beistehen. Daher erschienen auch alljährlich am 1. Mai die Olevianer, wie jeder Bürger der Stadt, mit ihren Waffen zur Musterung auf dem Altenmarkt, Nebst dem hatten sie auch die Verpflichtung, das Bett und die Ufer des Baches rein und in Ordnung zu halten bis zu dessen Einmündung in die Stadt. Bei Feuersbrünsten in der Stadt mußten sie dem Altbach das Wasser abdämmen, damit genügend Wasser in die Stadt stoß. Die Brandordnung der Stadt Trier von 1733 bestimmt darüber folgendes: „14tens, sollen die Olevianer, gleich wie vor Alters allen Fleiß anwenden, die Bach aus der Olewig bis an den Kandelbach an der Stadt also zu besorgen, und das Wasser in seinem Fluß dergestalten beizuhalten, daß keins nebenan, sondern völlig zu der Stadt hinein laufe; zu welchem Ende 15tens „der hiesige Stadtwertmann besonders zu trockenen Zeiten, sowohl bei Tag als bei Nacht, nun und dann dieselbe visitieren, die Olevianer zu ihrer Schuldigkeit anerinneren, und falls dieselbe darinnen fehlen würden, bei Herrn Bürgermeistern anzuzeigen und die ganze Gemeinde jedes malen mir vier Goldgülden Straf angesehen werden sollen"

Bald am Ende des Dorfes erhebt sich ein 1885 erbautes, stattliches Kloster mit daran stoßender Kapelle. Der älteste Teil dieser klösterlichen Anstalt ist der Bestandteil einer hier gestandenen Burg, die Hungerburg genannt. Diese Benennung wollen einige von Hungarnburg herleiten und den Erbauer der ersten Burg aus dem fernen Ungarn nehmen. Es ist aber festgestellt, daß hier bereits ein Burghaus gestanden hat zu einer Zeit, als die Ungarn noch unwillkommene Gäste in unfern deutschen Gauen waren. Die Legende lässt den hl, Wendelinus als Schafhirt bei dem Herrn auf der Hungerburg dienen. Der Name Hungerburg rührt wahrscheinlich von Huno. Dieses war der Titel von fränkischen Beamten, welche einem Bezirk, die Hundertschaften genannt wurden, vorstanden. Diese Hunones übten in diesen Hundertschaften (abgekürzt auch Hunschaft genannt) deren Verwaltung- und Gerichtsbarkeit aus. War dieses Burghaus etwa der Sitz eines solchen Huno? Dann hätte der Volksmund aus Hunonisburg Hunsburg und gar Hungerburg gemacht. In einer noch unbekannten Urkunde von 1355 (wie M. F. I. Müller sie bezeichnet) wird ein in der Nähe der Hungerburg befindlicher Berg Hungersberg') genannt. Es scheint sich auch später ein Geschlecht nach diesem Besitztum genannt zu haben, denn der letzte Herr von der Hungerburg fand seine Ruhestätte in der nunmehr verschwundenen Karmelitenkirche in der Fleischstrasse. Im letztvergangenen Jahrhundert war das Gut über fünfzig Jahre Eigentum der Familie Endres, von dieser ging es in den Besitz des Mutterhauses vom hl. Karl Borromäus über.

Etwa gegen die Mitte des Ortes führt eine Schlucht von den Höhen des Petrisberges zwischen Weinbergen nach dem Olewiger Bach hinab, „die Retzgruben" genannt und unter diesem Namen bereits in einem Kaufbriefe des 13. Jahrhunderts erwähnt wird, wonach der Konvent des adligen Frauenklosters St. Anna in Trier hier einen „Wingert" angekauft hatte. Am Ende des Dorfes, dort wo der Weg nach Tarforst führt, steht eine Häusergruppe, „Auf der Naus" genannt. Es ist dies ein ehemaliger Klosterhof und gehörte den Karthäusern zu Triers. Das ursprüngliche Hofgebäude hat im Laufe der Zeit sowohl in seinem Inneren wie auch an seinem Äußern gar manche Änderungen erfahren, trotz diesen Änderungen erkennt man an seinem mächtigen Mauerwerk, daß der Bau einer älteren Zeit angehört, als uns die Jahreszahlen angeben, welche über einigen Tür- und Toreingängen angebracht sind. In einer seiner Giebelmauern sind noch Tor- und Türeingänge, früheren Jahrhunderten angehörend, welche aber durch ein Wohnhaus, das man 1854 dagegen gesetzt hat, vermauert sind.

An einem im 18. Jahrhundert angebauten Ökonomiegebäude ist eine Tür mit Rundbogen, in dessen Schlussstein die Jahreszahl 1752 eingemeißelt ist. Die jetzige Dorfkapelle auf einer Anhöhe wurde 1882 von dem Dombaumeister R Wirtz erbaut. Die alte mehr unten stehende Kapelle, welche jetzt profanen Zwecken dient, gehört, wie das noch in den Fensteröffnungen befindliche Steinwert zeigt, der gotischen Bauperiode an. Es sei noch bemerkt, daß nur die rechte Seite des Ortes, also die Seite nach der Kapelle zu, bereits vor 1803 zur Pfarrei St. Gervasius gehörtes, wo die Häuser der linken Dorfseite eingepfarrt waren, konnte ich nicht erfahren. Es kann sich aber am Ende nur um die wenigen Häuser jenseits des Baches, welche an den Weinbergen entlang liegen, handeln.

Alte Olewiger erzählten mir, der Weg nach dem ehemals kleinen Orte habe dem Bach entlang geführt, der jetzige Fahrweg (früher vielleicht Fußpfad), der das ganze Dorf in seiner Länge durchschneidet, sei vor etwa 70 Jahren angelegt worden. Auf dem Wege nach dem Kleeburgerhof liegt als Ruine (seit etwa einem Jahr) der Geisbergerhof, er gehört dem Bürgerhospital in Trier. Es war ein dem 16. Jahrhundert angehörender Bau. Auf dem aus Bruchsteinen erbauten Hause erhob sich ein hohes, vierseitiges Dach, nach der Südseite des Hauses war ein etwas aus der Mauer vorstehender Kamin, auf einfachen Steinkonsolen ruhend, angebracht. Die viereckige Tür und Fensteröffnungen hatten einfach behandeltes Hauwerk.

Auch ein Denkmal besitzt das Dorf Olewig. In einer Wiese hinter dem Kloster steht dasselbe in der Mitte einer kleinen gärtnerischen Anlage, welche mit einem einfachen Holzgeländer eingefriedigt ist. Auf einem aus vier Stufen bestehenden Unterbau erhebt sich der Sockel des Denkmals, welcher mit Profilen, Eckstücken, Ornamenten usw. belebt ist. Aus diesem Sockel springt ein etwa drei Meter hoher Obelisk empor. In den vier Sockelfeldern sind Inschriften und Reliefs angebracht. Nach Süden sehen wir Globus, Zirkel, Winkel und eine Tafel mit geometrischen Zeichen, nach Norden die Erdenbahn dargestellt, nach Osten sagt uns eine Inschrift, wem dieses Denkmal gesetzt ist. Dieselbe lautet: „Dr. I. P. W. Stein aus Trier wirkte 15 Jahre als Lehrer der Mathematik am Gymnasium zu Trier

und starb am 17. März 1831 im 35. Jahre seines Alters." Nach Westen stehen die schlichten Worte: „Unserm Lehrer". Um diese einfache aber vielsagende Widmung schlingt sich ein Efeukranz.

Um den Unterbau stehen acht niedrige Steinpfeiler, welche durch Ketten miteinander verbunden sind und so das Denkmal einschließen Die Höhe des ganzen Denkmals beträgt etwa 6 bis 7 Meter, das Material ist grauer fester Sandstein, welcher bis heute der Verwitterung Trotz geboten hat.

Im 16. und 17. Jahrhundert finden wir einige Männer verzeichnet, die sich nach dem Orte Olewig nannten. Der Abtei St. Matthias stand von 1526 bis 1533 als Abt Petrus Olevianus vor.

Der 1559 in Trier als Religionserneuerer aufgetretene calvinische Prädikant Kaspar Gerhard, Sohn des Bäckermeisters Gerhard, nannte sich nach dem Geburtsorte seines Vaters Olevianus. Ein Jakob Olevianus wird 1634 als Pfarrer von Tholey genannt. Im Jahre 1792, als die Franzosen bis hinter Olewig vorgedrungen waren, hatten die Olevianer viel Ungemach zu ertragen, indem sie ihres Lebens nicht sicher waren vor den Kugeln der hinter dem Orte aufgestellten Vorposten, welche in mutwilliger Weise auf die harmlosen Einwohner schössen.

Als die Bürgermeisterei der Vororte 1848 errichtet wurde, schied die Gemeinde Olewig aus ihrer jahrhundertlangen Zugehörigkeit zur Stadt Trier.